Zukunft der Kriegsgräberfürsorge
 


Mehr als 70 Jahre sind seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen. Die Erlebnisgeneration geht von uns. Die Zukunft des Gedenkens an Krieg und diktatorische Gewaltherrschaft und der Umgang mit den Kriegsgräberstätten müssen neu überdacht und gestaltet werden. Diese Homepage will zu einer möglichst breiten gesellschaftlichen Debatte beitragen und stellt Material für diese Diskussion bereit.

In den vergangenen Jahrzehnten hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. im Auftrag der Bundesregierung die Aufgabe des Baus und der Pflege der deutschen Kriegsgräberstätten im Ausland übernommen. Für die Kriegsgräberstätten in Deutschland sind - bis auf wenige Ausnahmen - die Länder und Kommunen zuständig.

Im Westen Europas konnte die Aufgabe der gezielten Suche nach deutschen Kriegsgräbern bis in die 80er Jahre im Wesentlichen abgeschlossen werden. Kriegsgräberstätten wurden angelegt und die Angehörigen verständigt. Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Mittel- und Osteuropa konnte in den 90er Jahren diese Arbeit erst begonnen werden. Wie in Westeuropa wurden mit den einzelnen Staaten Kriegsgräberabkommen geschlossen. Mehr als 850 000 Tote konnten seitdem dort geborgen werden. Sie erhielten zumeist auf neu angelegten Sammelfriedhöfen ein würdiges Grab. Noch heute werden jährlich 25-30 000 Tote geborgen.

Auf dem Balkan steht die Arbeit noch ganz am Anfang. Hier stellt u.a. auch die Gestaltung von Kriegsgräberstätten für die zivilen deutschen Opfer, die gegen Kriegsende und danach umgekommen sind, eine Herausforderung dar.

Etwa ein Drittel der Toten konnte in Zusammenarbeit von "Deutscher Dienststelle", der ehemaligen "Wehrmachtauskunftsstelle" (WASt), und dem Volksbund identifiziert werden. Wo sie auffindbar waren, wurden die Familien benachrichtigt.

Während die "Deutsche Dienststelle" durch öffentliche Mittel getragen wird - im Jahr 2018 soll sie in das Bundesarchiv eingegliedert werden, finanziert sich der Volksbund bis heute zu mehr als zwei Drittel seiner Kosten durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und zunehmend auch durch Nachlässe aus der Erlebnisgeneration. Der Rest wird durch das Auswärtige Amt als Zuschuss zur Verfügung gestellt.

Bis heute hat die Erlebnisgeneration in ganz erheblichem Maße die Sorge um die deutschen Kriegsgräber getragen, inhaltlich wie finanziell. Doch geht diese Generation von uns.

Die Frage ist, wie künftig die Sorge um die Kriegsgräberstätten gestaltet werden soll.

Wie können die nächsten Generationen davon überzeugt werden, dass dies auch in Zukunft noch eine wesentliche gesellschaftliche Aufgabe ist?

In der Vergangenheit hat der Volksbund neben Bau und Pflege dieser Friedhöfe im Ausland einen öffentlichen Raum für die individuelle Trauer der Angehörigen geschaffen. Dabei hat er sich weitgehend jeglicher Bewertung des Zweiten Weltkrieges als nationalsozialistischen Angriffs- und Vernichtungskrieges enthalten und an den oft heftigen Debatten der gesellschaftlichen Aufarbeitung nicht teilgenommen.
Als Markus Meckel 2013 Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. wurde, hat er die - schon vorher begonnene - Diskussion um notwendige Reformen und ein künftiges Selbstverständnis stark forciert.

Sein Anliegen war, das Gedenken auf Kriegsgräberstätten und damit die Aufarbeitung von Krieg und Gewaltherrschaft in eine künftige nationale und europäische Erinnerungskultur zu integrieren.

Unter seiner Leitung wurde ein Leitbild des Volksbundes erarbeitet, das im Verband zu heftigen Diskussionen führte. Im Zentrum dieser Debatte stand die Benennung des Zweiten Weltkrieges als "Angriffs- und rassistisch motivierter Vernichtungskrieg", wie es im ersten, öffentlich diskutierten Entwurf des Leitbildes hieß. Diese Homepage stellt die verschiedenen Entwürfe des Leitbildes vor und macht so die Diskussion um eine künftige Ausrichtung der Kriegsgräberfürsorge transparent.

Im Frühjahr 2016 legte Markus Meckel dem Bundesvorstand eine Denkschrift über die Zukunft der Kriegsgräberfürsorge vor, welche von diesem zustimmend zur Kenntnis genommen wurde. Diese Denkschrift wird hier in mehreren Sprachen öffentlich zugänglich gemacht, um eine gesellschaftliche Debatte zu diesen Fragen anzustoßen. Dahinter steht die Überzeugung, dass das Gedenken an Krieg und Gewaltherrschaft eine gesellschaftliche und politische Aufgabe ist, die der öffentlichen Aufmerksamkeit und Diskussion bedarf.

Gerade vor dem 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkrieges gilt es daran zu arbeiten, dass solches Gedenken heute immer stärker auch in europäischer Perspektive zu erfolgen hat.

Nach heftigen internen Konflikten stellte sich heraus, dass die von Markus Meckel angestrebte Reform im Volksbund nicht umsetzbar war. Er trat am 22. September 2016 von seinem Amt als Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. zurück und kam damit einer Abwahl zuvor.

Dieser Konflikt, der viel öffentliche Aufmerksamkeit erfuhr, wird auf dieser Homepage in verschiedenen Materialien dokumentiert und so nachvollziehbar gemacht.

Es bleibt die gesellschaftliche Herausforderung, die Sorge um die Kriegsgräberstätten und das Gedenken an Krieg und Gewaltherrschaft als integrierten Teil einer nationalen und europäischen Erinnerungskultur neu zu durchdenken und zu gestalten.

Dafür gibt es kein Monopol.

In einer Zeit, in der wir heute neu mit Krieg und Gewaltherrschaft in unserer Nachbarschaft konfrontiert sind, wird die Aktualität dieser Fragen besonders deutlich.